Vergessene Sehnsucht
Herbert Schneider
[60 Seiten / 129.000 Anschläge]
Auf einer Skitour verunglückt die Musikstudentin Helma Marwitz.
Wie wird von Rudolf Sanden, einem geheimnisumwobenen Hüttenbewohner
in den Bergen gerettet. Helmas Mutter erliegt einem Herzschlag, als sie
von der Nachricht ihrer vermißten Tochter erfährt. Die Verwaiste
findet Aufnahme bei Verwandten, die sie aber wieder fluchtartig verläßt,
als sie Schlimmes dort erleben muß. Helm zieht zu ihrer Freundin
nach Frankfurt und begegnet hier überraschend ihrem Lebensretter;
verliert ihn jedoch kurz darauf durch einen Verkehrsunfall aus den Augen.
Schwere Kopfverletzungen lassen sie ihr Erinnerungsvermögen verlieren.
Sie hat es auch noch nicht wiedererlangt bei dem Entschluß, dem um
sie rührend besorgten Fahrer des Unglückswagens, einem arabischen
Geschäftsmann, nach Kairo zu folgen. - Inzwischen ist auch Rudolf
Sanden, der sich als ein berühmter Operntenor entpuppte, zu einer
Tournee nach den USA abgereist. Die romantische Liebesgeschichte endet
nicht ohne Schmerz und Tragik, aber mit einem glücklichen Sichwiederfinden.
Vergessene Sehnsucht erwacht zu erfüllter Liebe.
[Textauszug]
" Harras - such'!" - Das Tier stürmte davon. Während
Rudolf noch ratlos um sich blickte, ohne in dem dichten Schneetreiben auch
nur das Geringste wahrzunehmen, drang lautes Bellen immer wieder abgerissen
von dem Pfeifen des Sturmes an sein Ohr. Spannend folgte der hochgewachsene
Mann dem Ruf des Gefährten, nur Dunkel und Schnee vor Augen. - Und
da war es! Kaum 50 Meter von der Hütte entfernt lag ein lebloses Bündel,
fast zugedeckt von den weißen Linnen des Todes. Harras winselte aufgeregt
und zufrieden, als sein Herr die kalte Last in die Hütte trug und
auf sein Lager bettete.
Mit zitternden Händen schälte Rudolf die Gestalt aus der steifgefrohrenen
Kleidung und --- glaubte seinen Augen nicht zu trauen. "Wie ist so etwas
nur möglich? Wie kommt solch ein junges Mädchen allein in meine
Einsamkeit herauf?"
Schneeweiß leuchtete ein zartes jugendliches Antlitz im Widerschein
des prasselnden Hardfeuers. Das liebliche Oval umrahmt von einer Flut kastanienbrauner
Haare, lange dunkle Wimpern und der feine Schwung der Brauen gaben den
scheinbar leblosen Zügen einen eigenartigen Reiz. - Rudolf schüttelte
den Kopf. Das kann doch nicht sein. Brachte ihm heute das Schicksal in
Gestalt dieses Mädchens sein einst über alles geliebtes, für
ewig verlorenen Wesen, wieder zurück? - Er richtete sich auf; jetzt
war nicht die richtige Zeit zum Träumen. Wenn seine Abkehr von den
Menschen noch einen einzigen Sinn haben konnte, dann war es im Moment in
der Rettung dieses Mädchens.
Aufmerksam fühlte er den schwachen Puls; erschüttert glitt
sein Blick dabei über die Schönheit des jungen starren Körpers.
"Mein
Gott, hilf!" - Schnell war eine große Schüssel Schnee hereingeholt.
Mit kräftigen Strichen begann Rudolf die zarten Glieder zu massieren...
sollte es doch schon zu spät sein? So beschäftigt war er, daß
er nicht spürte, wie seine Patientin die Augen aufschlug und ängstlich
den bärtigen Samariter anstarrte.
Zurück zur Startseite (Home)
|